Abstiegskampf und Meisterschaft - der Fußball hat bekanntlich viele Gesichter. Und so sollte es an diesem Wochenende ein bisschen von beidem geben. Am Samstag fiel die Wahl auf den FC Rot-Weiß Erfurt. Zu gast war der stark abstiegsbedrohte SV Wacker Burghausen - naja wenigstens gibts dann genug Tore dachte ich mir.
FC Rot-Weiß Erfurt - SV Wacker Burghausen 0:3 (0:0)
Im Stadion testete ich erst einmal unfreiwillig die Security. Das ich die Wasserflasche aus dem Rucksack raus muss, war mir klar. Das ich vom Grillen aber noch mein Taschenmesser dabei hatte, wurde mir dann bei der Taschenkontrolle erst wieder bewusst. Nach dem Spiel gabs das Eigentum problemlos wieder - der Ablauf funktionierte zumindest von den Rahmenbedingungen.
Die Rot-Weißen kontrollierten wie geplant auch die Partie und hatten die biederen Gäste im ersten Durchgang weitgehend im Griff. Besonders der Gästetorwart Manuel Riemann erwies sich als großer Blindgänger, ließ sich zwei mal außerhalb des 16ers den Ball abluchsen. Aber weder Fabian Stenzel noch Martin Hauswald brachten es fertig das runde Leder an einem Feldspieler vorbei ins Tor zu jagen. Tino Semmer erweiterte das Chancenplus um einen Pfostenschuss - tja fast alles richtig gemacht. Hauswald und Massimo Cannizzaro ballerten aus spitzen Winkel blind über das Tor. Für Wacker tauchte mal Julian Matiasovits gefährlich auf, doch Dirk Orlishausen bleibt Sieger. Stimmung in der ersten Halbzeit ganz ok. Bei RWE merkt man den Ultra-Bruch, bei den Gästen sangen ca. 20 wackere tapfer gegen die schlechte Akustik und Überzahl der Heimfans an.
In der zweiten Halbzeit kam es dann ganz dicke für RWE. Cannizzaro trifft den Pfosten, Alessandro Belleri (SVW) drückt eine Eingabe über die Linie und Orlishausen verletzt sich bei der ganzen Aktion noch und wird nach fünf Minuten Verletzungsunterbrechung durch Michael Hinz ersetzt. Inzwischen war auch Chhunly Pagenburg für die Thüringer im Spiel, der aber das Tor knapp verfehlte. Und so geriet das Spiel aus Heimsicht dann völlig aus der Bahn. Erfurt wenig durchdacht und die erarbeiteten Chancen wurden alle kläglich versemmelt. Die Abseitsfahne ist den Angriffsbemühungen ebenfalls oft im Wege. Massimo ist mehr mit hadern als stürmern beschäftigt und lässt jegliches Durchsetzungsvermögen vermissen. Riemann im Burghausener Tor kriegt Selbstbewusstsein, die Bayern kontern gefährlich, 0:2 durch Marco Calamita (65.). Dann das unverständliche: völlige Lethargie. Die Erfurter Fans feiern sich selber oder bieten sich wahlweise untereinander Dresche an, aber lassen die eigene Mannschaft sträflichst im Stich. Diese weiß mit der knappen halben Stunde (5 Minuten Nachspielzeit) nichts anzufangen, fängt sich stattdessen einen weiteren Konter (Belleri/88.). Etwas unehrenhafteres hätte man den Rot-Weißen Farben kaum antun können. Nach dem 3.Treffer mehr Beifall als Buhrufe und Pfiffe gefolgt von der großen Flucht aus dem SWS. Nach dem Spiel stellte sich lediglich Kapitän Alex Schnetzler den Fans (Respekt dafür!).
Tore: 0:1/0:3 Belleri (49./87.), 0:2 Calanita (65.)
Zuschauer: 4.196
RWE: Orlishausen (54. Hinz) - Schnetzler, Pohl, Loose, Pinske (68. Wolf) - Stenzel (46. Pagenburg), Cinaz, Rockenbach, Hauswald - Cannizzaro, Semmer
SVW: Riemann - Lastovka, Matiasovits, Buchner, Mayer - Bonimeier (90.Mitterhuber), Soelga (86. Kresin), Galuschka (76.Cattek), Schultz - Belleri, Calanita
Ich ging danach wieder gen HBF und beobachte etwas verwirrt, etwas erheitert die Hatz zwischen EF-Ultras und Polizei, die im Stadtparke Fange spielten. Ebenso liefen mir die 20 Wacker-Ultras über den Weg - ein durchaus seltener Anblick. Hätte allerdings bei der Sprache nicht auf deutsche Mitbürger getippt, zumindest wurde mir mal in der Schule eine andere Muttersprache gelehrt.
Mitteldeutscher BC - LTi Lich 99:64 (44:35)
Die passende Abendunterhaltung war schnell gefunden. In Weißenfels traten die Wölfe an und konnten sich mit einem Sieg gegen die LTi Lich die Meisterschaft in der 2.Basketball-Bundesliga sichern. Die Lizenz für Liga 1 ist da, allerdings wird der Verein sich bis Mai entscheiden, ob man das Spielrecht in der BBL wahrnimmt.
Das Spiel ist schnell erzählt. Der MBC sehr nervös zu Beginn, gibt auch das erste Viertel ab (17:21). Vor allem die Freiwürfe ließen noch sehr zu wünschen übrig, lediglich Sascha Leutloff trieb die Weißenfelser immer wieder nach vorn. Anschließend entwickelte sich die Partie aber nach den Vorstellungen des Mitteldeutschen BC. Zur Halbzeit hatten sich die Wölfe auf 44:35 abgesetzt und die Weichen auf Meisterschaft gestellt. Nun legte das Heimteam - das mit 11 Akteuren gegen lediglich 8 Gäste-Spieler (im Kader) antrat - den Grundstein für den Erfolg. Der Vorletzte hatte nicht mehr viel entgegen zu setzen, technische Fouls machten jegliche Chancen zu nichte. Beim Stand von 73:49 ging es in das letzte Viertel, das praktisch nur noch zum Abfeiern der Mannschaft und Fans da war. Der MBC zeigte nun von Dreier über spektakuläre Dunks und sehenswerte Spielzüge die schönen Seiten des Basketballsports auf. Zum Schluss hatten die Fans nur noch einen Wunsch: "Wir wolln die Hundert sehn!" Doch gleich drei Wölfe (Gilbert (?), Grübler und Leutloff) scheiterten innerhalb von Sekunden am Korberfolg. Leutloff versenkte lediglich einen von zwei Freiwürfen - die Partie endete 99:64. Am Ende bekam Meistertrainer Björn Harmsen noch die Meistertorte von Johnnie Gilbert ins Gesicht geworfen und die Mannschaft servierte den Rest an die euphorischen Fans. Es folgten die üblichen Feierlichkeiten von Sektdusche bis UFTA.
Einziger Wermutstropfen sind eben die Finanzen. Das Budget muss um 500.000€ gesteigert werden, ansonsten will der Verein das Risiko nicht eingehen. Aber generell würde es so aussehen, wenn man aufzusteigt. Das müsste man in Halle glatt noch mal ausprobieren.
MBC: Chavis ( 18 ), Gilbert (14), Krüger (3), Moore (14), Diestelhorst (3), Schmidt (3), Leutloff (14 Pkt., 9 Reb.), Ides ( 8 ), Grübler (3), Bernard (15), Cardenas (4).
Lich: Watts (9), Scholz (5), Klassen (3), Perl (2), B. Lischka (13), Bunkley (11), Tarver (14), Michalowicz (7)
Zuschauer: 3000
Sonntag sollte es diesbezüglich weitergehen. Kiel patzte gegen Hansa II (1:1). Und wie Sven Köhler es so treffend formuliert hat: "Wir haben die zweitbesten Chancen aufzusteigen." Also sollte es Sonntag nach Chemnitz gehen. Wie schon beim Erfolgserlebnis Plauen (1:0-Auswärtssieg) vertraute man auf die gemeinsame Fahrt von Jena nach Chemnitz mit dem Exilhallunken. Das ganze erwies sich auf leeren Straßen auch nicht als Problem und wer sollte es schon wagen unseren HFC zu schlagen?
Chemnitzer FC - Hallescher FC 1:3 (0:1)
In Chemnitz angekommen wurde noch ein Fischbrötchen getestet, das deutlich ekliger aussah als es schmeckte. Anschließend folgte ein Plausch mit NOFBler jb1, wann wir den wiederholen wurde ja schon ausgemacht.
Die Aufstellung des CFC trieb mir nicht gerade den Angstschweiß auf die Stirn. Spieler, die dem HFC zuletzt immer zu schaffen machten fehlten in der Startelf weitgehend - Benjamin Boltze entpuppte sich heute nicht als Halle-Schreck. Yakubu Adamu (Zwickau), Mike Baumann (Formschwach) und Marcel Schlosser (ex-verletzt/beide Ersatzbank) wirkten zunächst nicht mit.
Auf der Tribüne einige bekannte Gesichter. Andreas Thom (Holstein Kiel) schaute wohl schon mal nach dem rechten, Ruud Kaiser, Jan Seifert (beide Dynamo Dresden) und Heiko Weber (Erzgeb. Aue) dürften wohl ein Auge auf den ein oder anderen Lachheb geworfen haben.
Doch zu Beginn standen andere im Mittelpunkt: 9.Minute, Ecke Thorsten Görke - abgewehrt - nochmal Flanke Görke - Pavel David taucht ab - köpft - TOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOR! Besser gehts nicht.
Besonders viele Highlights gab es im ersten Durchgang nicht mehr. Steven Sonneberg und Steffen Kellig (beide CFC) scheinen das Kopfballspiel nicht erfunden zu haben. Görke, der mal wieder viele Freistöße "rausholte", hämmerte einen solchen neben das Tor, Steve Finke prüfte Klömich aus 20 Metern. Der HFC hat weitgehend alles im Griff. Adli Lachheb hinterlässt meistens einen jammernden und überforderten Kelle. Stimmung ist sehr ordentlich, beide Seiten treiben ihre Mannschaften lautstark voran - bis jetzt stimmt alles.
Im zweiten Durchgang kam auch noch der befürchtete Schlosser, der gleich die erste Aktion hatte, aber Darko Horvat noch nichts anhaben konnte. Kellig vergibt noch per Kopf und Schlosser verfehlt gleich den ganzen Ball. Obwohl der HFC den Gegner erst 10-20 Meter hinter der Mittellinie empfängt, hat der keine Lust auf Tore. Doch die Himmelblauen erweisen sich als respektlos. Kapitän Tobias Becker hält seinen abgefälschten Schuss wohl schon für gerissen, doch das linke Ding kann Horvat nicht überwinden. Kellig erweist sich als noch unverschämter und schiebt den Ball an dem Elfmetertöter und Kopfballungeheuer in Personalunion vorbei. Christian Kamalla will die Majestätsbeleidigung mit einem Rettungsversuch ausbessern, scheitert aber: 1:1 (63.).
Eine weitere Frechheit dieser Art ließen die Rot-Weiß-Gestreiften nicht über sich ergehen. Rene Stark flankt von rechts, Pavel David nimmt den Ball in Plauen-Manier volley und bereitete damit wie schon im Vogtland das Tor vor. Sebastian Klömich rettet zwar gegen den Tschechen, doch der eingewechselte Thomas "der Storch" Neubert stochert seinen HFC zwei Punkte näher an die Kieler Störche heran: TOOOOOOOOOOOOOOOOOOR!! 1:2 (71.)! Der zum überm Platz stolpern neigende Neubi war nicht wieder zu erkennen. Kurz nach seinem vierten Saisontor bereitet er Davids zweiten Streich vor, bei einem Konter schiebt er die Kugel in den Lauf des Tschechens. Der lässt Klömich links liegen und erlebt mit Ball am Fuß seinen persönlichen Triumphzug. David marschiert wie einst Usian Bolt in Peking über die ominöse Linie, auch wenn er sich dafür mehr Zeit als der Jamaikaner lässt, 1:3 (80.).
Thomas Neubert ist nun völlig beflügelt, schnappt sich im Mittelfeld das Leder, lässt Hendrik Liebers stehen, der heute die Dynamik eines Mikado-Spielers an den Tag legte, wird aber an der 16-Meter-Marke geblockt. Chemnitz' letzte Offensiv-Aktion landete weit über dem Tor als Kevin Hampf (wohl mit Krampf) vergibt. Der vierte HFC-Treffer blieb aus, eine David-Hereingabe verpassen Neubert und der ebenfalls eingewechselte Kunze im Zentrum, es sollte beim ungewohnten 3:1-Erfolg bleiben: der zweithöchste Saisonsieg. Den höchsten gab es ebenfalls in Sachsen beim 4:0 in Leipzig. Mit 8 erzielten Treffern im Freistaat hat der HFC nun 25% seiner Tore bei seinen östlichen Nachbarn erzielt. Allerdings erzielte Chemnitz auch 18% aller HFC-Gegentore, dreister war nur noch Türkiyemspor (27%).
Tore: 0:1/1:3 David (9./80.), 1:1 Kellig (63.), 1:2 Neubert (71.)
Zuschauer: 3.590
CFC: Klömich - Reinhardt, Wilke, Liebers, Sieber (46. Schlosser) - Sonnenberg (61. Hampf), A. Müller, Emmerich, Becker - Boltze (82. Löwe), Kellig
HFC: Horvat - Schubert, Lachheb, Kamalla, Benes - Re. Stark, Finke, Görke (73. Kittler), Kanitz (68. Neubert) - David - Müller (86. Kunze)
Wie schon beim 1:0-Erfolg vor einem Jahr in der Gellertstraße, mit dem die unheimliche Serie eigentlich anfing, hinterließ man wieder reichlich gefrustete Chemnitzer, die vereinzelt die Entlassung von Heimtrainer und Gästepräsi forderten. Garanten für den Sieg waren ein gut aufgelegter Pavel David, ein heimlicher Kapitän Rene Stark und ein Hüne aus Tunesien, der wohl von einigen Einkaufslisten nicht mehr wegzudenken ist. Neubert machte wohl sein mit Abstand bestes Saisonspiel für den HFC. Chemnitz machte immerhin nicht den Fehler und versuchte mit hohen Bällen zum Erfolg zu kommen, sondern versuchte es mit flachen Hereingaben. Geholfen hats nichts - man kann nur alles gute Wünschen für den bevorstehenden Abstiegskampf (auf das es keiner wird).
Mit drei Punkten und drei Toren im Gepäck ging es vergnügt in die Heimat. Die nächste Auswärtsreise (Pokal in Wolfen riecht nach Heimspiel) führt übrigens nach Kiel.