Der Fußball stand bei mir am Wochenende mal wieder im Vordergrund. Man entschloss sich ein Wochenende an der Elbe zu verbringen, mit Altona gegen die Größten-der-Welt-Besieger gab es ein würdiges Rahmenprogramm. Dafür nahm ich über 900km Fahrt innerhalb von 50 Stunden in Kauf. Das scheint für manch erfahrenen Hopper banal zu sein, für mich - bisher mit Reisen nach Meuselwitz, Markranstädt und Wolfen - war das doch eine Umstellung. Schon Freitagabend wünschte man sich (einen) Fußball, hätte man doch im Stau auf der A4 Höhe Erfurt-Ost einwandfrei auf dem Asphalt kicken können. So ging man am Ende doch nur spazieren und freute sich insgeheim schon auf den nächsten Stau (auf der A9 sollte es sein).
Samstag früh brach man gegen 9.45 Uhr in Halle auf. In Hamburg stand Bundesliga-Fußball auf dem Plan. Nach obligatorischen Staus auf der A7 (Lüneburger Heide und Elbtunnel), trudelte man gegen 14.20 Uhr auf dem 4€-teuren Parkplatz der HSH-Nordbankarena ein. Mehr als genug Zeit den Weg zum Stadion anzutreten und sich nahezu ohne Kontrolle ins Stadioninnere zu begeben.
Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach
Eigentlich war mir der Ausgang des Spiels herzlich egal, allerdings sympathisierte ich doch eher mit dem Underdog aus NRW. Als dann ein paar Jugendliche direkt neben mir meinten jeden einzelnen Gästefan schreiend als "Hu...sohn" zu bezeichnen, gab ich meine Neutralität weitgehend auf. Akustisch war ich sowieso durch Gladbach beeinflusst, saß ich doch direkt neben den zahlreichen Gästefans. Dementsprechend hörte ich von der gegenüberliegenden Seite zu keiner Zeit des Spiels einen Mucks.
Das hochklassige Spiel, was man sich als Besucher erhofft, kam natürlich nicht zu stande. Der HSV ging völlig verdient durch einen Petric-Kopfball nach einem Freistoß in Führung. Die Borussen standen meist sehr tief gestaffelt und waren offensiv dementsprechend harmlos. Zumal ihnen ohne die Nationalspieler Neuville und Marin auch die spielerischen Mittel fehlten. Der HSV kontrollierte zwar die Partie, war aber selten zwingend und wirkte eher behäbig.
In der Halbzeitpause machte ich mich auf die Suche nach einem befreundeten Gladbacher und traf zufällig auf einen roten Fleck in einem grün- und blau-schwarzen Farbenmeer. Die komplette Mannschaft der "Allergrößten der Welt" hatte den Weg ins Stadion gefunden und schaute sich an, wie man es nicht macht.
Im zweiten Durchgang gaben die Fohlen ihre Zurückhaltung stück für stück auf und kamen so zu ein paar Konterchancen. Die Hamburger spielten weiterhin ihren Stiefel runter ohne die Entscheidung wirklich herbeiführen zu wollen. So kam es, wie es kommen musste: Gladbach kam zu mehreren Torchancen. Die erste fand nicht den Weg ins Tor. Zwischenzeitlich war das spannendste der Blick auf die anderen Zwischenstände, vor allem in Bremen. Luhukay entschied sich mitte der zweiten HZ Marin zu bringen. Mit einer seiner ersten Aktionen setzte der kleine Wirbelwind den Ball an die Torlatte. Kurz vor Schluss hatten die Fohlen die berühmte "letzte Torchance", doch Rob Friend köpfte freistehend neben das Tor. Da half es auch nicht, dass Neuville kurz vor Schluss in die Partie kam und Keeper Heimeroth in der Nachspielzeit im gegnerischen 16er mitmischte. Endstand 1:0. Nach dem Schlusspfiff wurde dem Team der Auswärts-Unbezwingbaren noch viel Erfolg für den morgigen Tag gewünscht.
Während man knapp eine Stunde auf dem Parkplatz auf die eigene Abfahrt wartete, stellte man sich oft die Frage, wieso man nicht am Sonntag beim FC Oberneuland spielte und den Samstag im Weserstadion zugebracht hat.
Am Abend ging es auf die Reeperbahn, denn St.Pauli lockte an diesem Wochenende mit dem "Reeperbahnfestival", also schlenderte man mit einigen Gladbachern und vereinzelten Hallensern durch die Hafenstadt. Mit dem Lokalbier schlechthin - Astra - wurde der Auswärtssieg schon etwas vorgefeiert. Schließlich deutete nun wirklich alles auf einen Dreier hin (HFC + Auswärtsspiel = 3Punkte bzw. nächste Pokalrunde).
Altonaer FC von 1893 - Hallescher FC
Gegen 13 Uhr kam man im Stadtteil Hoheluft am gleichnamigen Stadion von Victoria an. Für eine Ausweichstätte ist die Anlage ganz in Ordnung, allerdings keine besonders große Nummer. Programme lagen in Stapeln im Stadion rum, der Imbiss versuchte vergeblich erfahrenen Ossis eine "original Thüringer Bratwurst" vorzugaukeln. Der HFC-Anhang reiste größtenteils in schwarz an. Am Dienstag verstarb mit Uwe M. ein treuer HFCer, der sich im Fanprojekt engagierte und von einem 16jährigen lebensbedrohlich verletzt wurde. Mit einem Plakat (RIP Uwe, 1960-2008 - "Heute in Hamburg und für immer in unseren Herzen" gab es eine zu dem traurigen Anlass sehr gelungene Choreographie. Der HFC lief mit Trauerflor auf, der Stadionsprecher wies vor dem Spiel daraufhin. Stimmung von hallescher Seite in Ordnung, während das Repertoire der heimischen Anhänger hinter dem Tor kaum über 3-4 Lieder hinaus ging.
Zum Spiel selber will ich hier nicht intensiv eingehen. Im Wesentlichen schickten die Rot-Weißen Helden, auswärts in dunkelblauem Anzug, ihre Anhänger durch ein Wechselbad der Gefühle. Schlechter Start, aufopferungsvoll in die Partie zurückgekämpft, Verletzungspech (Kunze+David raus) und im zweiten Durchgang das Spiel wieder aus der Hand gegeben. Kurz vor Schluss sorgte Nico Kanitz dann für das altbekannte Happy End und eine fröhliche Heimfahrt. Selbst Köhler gab anschließend zu, dass der Sieg glücklich zustande kam. Altonas Anhänger spekulierten direkt nach dem Abpfiff auf einen Formfehler und versuchten Abwehrrecken Adli Lachheb gleich zwei gezeigte gelbe Karten zu zuweisen. Fröhling - Trainer von Altona - war anschließend bitter enttäuscht. Nach dem er seiner Trauer genug kund getan hat, gab er noch Sticheleien gegen den Unparteiischen Thomas Frank zum Besten. Er hätte nicht konsequent gepfiffen und einige taktische Fouls vom HFC nicht geahndet. Seine Mannschaft hätte Fußball gespielt und nicht gebolzt.
In meinen Augen kamen die Hamburger nicht mit der robusten bis harten Gangart der Hallenser zurecht, waren körperlich in den Zweikämpfen unterlegen und entwickelten nicht den nötigen Biss, so kam auch das Gegentor nach einem Luftloch vom Verteidiger Ansorge zustande. Bei insgesamt 27:20 Freistößen aus Heimsicht finde ich die Schiedsrichterdiskussion auch äußerst unangebracht.
Gegen 16.30 Uhr ging es dann mit drei Punkten, guter Laune und zwei Kästen Astra-Bier im Gepäck wieder zurück in die Heimat, sogar staufrei.
Spielbericht, Statistik und Bilder aus Altona/Hoheluft