Dabei gibt es allerdings einen großen Unterschied: Einige der Kicker lenken sich bevorzugt mit Spielen ab, die nichts mit ihrem Beruf zu tun haben, während es anderen auch jenseits des grünen Rasens in den Füßen (oder Fingern) juckt. Letzteren hat es vor allem FIFA angetan. Die Fußballsimulation, die mit ihrer eigenen Weltmeisterschaft der wohl international populärste klassische e-Sport ist, wird professionell auch in der Bundesliga gespielt.
Während viele Fußballprofis hobbymäßig auf der Konsole oder dem Smartphone kicken, gibt es inzwischen mehrere Fußballstars, die sich dem e-Sport zusätzlich auf eine professionelle Weise verschrieben haben. Der erste Kicker, der vom traditionellen Profifußball auf den virtuellen Sport umgestiegen ist, war der Brasilianer Wendell Lira. Der im Jahr 2015 mit dem FIFA-Puskas-Preis für das schönste Tor des Jahres ausgezeichnete Fußballer beendete im Folgejahr seine aktive Karriere auf dem Rasen und stieg dafür als Profi im virtuellen Fußball ein. Sein legendärer Landsmann Ronaldinho gründete gemeinsam mit dem Hersteller SCUF Gaming gleich ein eigenes FIFA e-Sport-Tram mit dem Namen „R10“.
Starthilfe für Nachwuchstalente auf der Konsole, die noch keinen Vertrag haben, gibt es unter anderem in Ruud Gullits e-Sport-Akademie. Der Niederländer, der als einer der besten Fußballer des 20. Jahrhunderts gilt, gründete 2018 mit „Team Gullit“ die erste unabhängige Schule für virtuelle Kicker. Der langjährige Bundesligaprofi Christian Fuchs, der mittlerweile nur noch für die österreichische Nationalmannschaft aufläuft, hat mit „NoFuchsGiven“ in England sein eigenes FIFA-Team.
Auf die heimatliche Nachbarschaft konzentriert Fulhams Torhüter Bernd Leno seine Talentförderung. Der aus Bietigheim-Bissingen stammende Sportler und begeisterte virtuelle Kicker konzentriert sich mit seinem 2019 gegründeten Team „Leno e-Sports“ auf Nachwuchs aus Stuttgart und Umgebung. Der fünfmalige deutsche Spieler des Jahres und langjährige Premier-League-Star Mesut Özil hat sogar schon ein Jahr früher als Leno seine eigene virtuelle Mannschaft auf die Beine gestellt. Dabei zocken die e-Sportler von „M10 eSports“ außer FIFA auch das Strategiespiel Fortnite.
Nur zocken, ohne gleich ein eigenes Team zu gründen, ist vor allem bei den noch aktiven Kickern beliebt. Fußballstar Neymar, der nach mehreren Jahren beim französischen Meister Paris St Germain voraussichtlich zum FC Barcelona wechselt, ist ein leidenschaftlicher Zocker, der sich in Trainingspausen gern bei ein paar Händen Poker entspannt. Wenn es um virtuellen Fußball geht, lässt der brasilianische Ballzauberer allerdings die Hände von FIFA und spielt stattdessen lieber Pro Evolution Soccer. Außerdem sollen es ihm die klassischen Shooter wie PUBG, Call of Duty und CS:Go angetan haben.
Der Arsenal-Kicker Hector Bellerin ballert virtuell ebenfalls gern auf vielfältige Weise. Außer FIFA schätzt er den Ego-Shooter Call of Duty besonders. Fortnite steht bei vielen Kickern weit oben auf ihrer Gamingliste. Der Survival-Shooter, der sowohl durch seinen Battle-Royale-Modus wie auch Tänze, die ihren Einzug in die Fußballstadien gehalten haben, berühmt geworden ist, gehört zu den am meisten gezockten Videogames weltweit. Özil, der seine Fortnite-Künste auch auf der Gaming-Plattform Twitch hinlänglich demonstriert hat, soll sich sogar beim Fortnite-Daddeln verletzt haben.
Interessanterweise sind die meisten der in Fußballkreisen gezockten Games sowohl allein wie auch im Team zu spielen. Während im Fußball ohne Mannschaftsgeist nichts läuft und das aufeinander abgestimmt sein einer der wichtigsten Aspekte für den Erfolg ist, ist vielleicht gerade der Gedanke ans Solospiel zwischendurch reizvoll.