Endlich wieder Oberligafußball! Nach monatelanger unfreiwilliger Zwangspause war es gestern endlich soweit und das runde Leder rollte wieder in Charlottenburg. Die lange Zeit der Entbehrung ließ trotz der klirrenden Kälte ungewohnt viele Anhänger den Weg ins Mommse finden. Aufgrund der Unbespielbarkeit des Rasens im Babelsberger Karli hatten sich beide Vereine kurzfristig und unbürokratisch darauf verständigt, das Spiel im Mommsenstadion auszutragen. Der Andrang war enorm - als ich mit etwas Verspätung am Stadion eintraf, musste ich zu meinem Erschrecken feststellen, dass bereits alle Kassen geschlossen waren und es keine einzige Karte mehr gab! So stand ich also verzweifelt vor den Stadiontoren und versuchte, mir anhand der tosenden Geräuschkulisse ein ungefähres Bild über den Spielverlauf zu machen. Unüberhörbar handelte es sich um ein hochklassiges Spiel mit zahlreichen Torraumszenen auf beiden Seiten und beide Fanlager fochten einen erbittertes Duell um die akustische Vormacht im Stadion aus. Es war schon brutal, jetzt nicht bei meinen Jungs zu stehen und der Mannschaft in dieser schwierigen Phase den Rücken stärken zu können. Doch dann nutzte ich eine Unaufmerksamkeit des Ordners am Einlass und schlich mich ins Stadion.
Ich kam gerade noch rechtzeitig, um folgende Szene mitzubekommen: Als der Babelsberger Angriff einen Stellungsfehler der TeBe-Abwehr nutzt, stürmt Andreas Fricke alleine auf das lilaweiße Gehäuse zu, doch unser Teufelskerl Timo Hampf reagiert blitzschnell, verlässt sein Gehäuse und fischt dem Ex-Borussen das Leder von der Fußspitze. Mit gutem Auge leitet Timo blitzschnell den Konterstoß ein, und über wenige Stationen landet der Ball via Sascha Köttig halbhoch bei Micha Fuß, der das Leder von der Brust abtropfen lässt, sich um die eigene Körperachse Richtung Tor dreht und unhaltbar zum 1-0 versenkt. Extase unter den TeBe-Anhängern über das erste Pflichtspieltor des Jahres 2006. In den folgenden Minuten schnüren die Potsdamer Aufstiegsaspiranten den Gastgeber völlig in ihrem Strafraum ein und nur dank des umsichtigen Schiedsrichters Holger Hoyzer aus Berlin-Kreuzberg kann der Ausgleich vermieden werden. Zwei Minuten vor dem Pausenpfiff dann ein Eckball für TeBe. Die Babelsberger Abwehr köpft den Ball hinaus, die Szene scheint bereits geklärt zu sein, doch ein ungenaues Abspiel bringt TeBe erneut in Ballbesitz. Den 30m Knaller durch Stephan Schmidt kann Sebastian Rauch im Babelsberger Gehäuse zunächst abwehren, doch der Ball landet direkt bei Michael Fuß, der sich so etwas natürlich nicht entgehen lässt und den Ball über den am Boden liegenden Keeper hinweglupft. 2-0 und Halbzeitpause.
Bis dahin ein wunderbares Spiel mit vielen Emotionen auf den Rängen, ein wahres Erlebnis! Was darauf folgt, ist leider ein trauriges Kapitel, soll an dieser Stelle aber dennoch nicht totgeschwiegen werden: Nachdem die Babelsberger zunächst mit einer erstklassigen Pyroshow begeisterten, betrat plötzlich der ganz offensichtlich geistig verwirrte Platzwart des Mommsenstadions die Bildfläche. Allen Ernstes behauptete dieser, dass hier doch gar kein Fußballspiel stattfände und forderte die Anhänger auf, das Stadion auf der Stelle zu verlassen. Bei allem Respekt vor dem Mann konnten die Tennis-Anhänger es natürlich nicht verantworten, ihre Mannschaft in diesem wichtigen Spiel im Stich zu lassen, denn natürlich war das Spiel noch lange nicht entschieden. Nun gut, nach einigen Diskussionen schien sich die Lage beruhigt zu haben und die Mannschaften betraten bereits das Spielfeld zur zweiten Halbzeit. Gerade waren wir dabei, das durchaus gelungene Intro im Block des Filmstadtinferno zu begutachten, als die Polizei vorfuhr und Block E durch Uniformierte gestürmt wurde. So als würde sie die 22 Akteure auf dem Rasen gar nicht sehen, behauptete nun auch die Staatsmacht steif und fest, es fände hier gar kein Fußballspiel statt! Friedliche Fußballfans, die lediglich das Spiel ihres Teams verfolgen wollten, wurden in Gewahrsam genommen (darunter auch Frauen und Kinder!) und Personalien aufgenommen, und das alles unter dem Deckmantel einer tolldreisten Lüge!
Es dauerte eine Weile, bis die Personalien der Anwesenden über den Polizeicomputer überprüft waren. Das Stadion jedoch musste verlassen werden und die zweite Halbzeit wurde nicht mehr angepfiffen. Ein Novum in der deutschen Fußballgeschichte und ein Beweis für die immer schamlosere Polizeiwillkür in diesem Staat! Da stellt sich die Frage: Was ist das für ein "Rechtsstaat", in dem die Staatsmacht willkürlich darüber bestimmt, was Realität ist und was nicht, obwohl zahllose Fans Zeuge dieses Fußballspieles waren? Darf solch ein Staat eine Weltmeisterschaft ausrichten dürfen? Ich sage ganz klar: NEIN! Wer garantiert denn, dass ähnliches nicht auch beim Endspiel in Berlin passiert?
Ein trauriger Abend und eine herbe Niederlage für unseren Sport. Zu allem Überfluss fiel anschließend auch noch das Match gegen die Babelsberger aus, denn die Feiglinge wollten sich nicht stellen und hatten sich bereits durch den Wald davongestohlen.
Da ist die Frage, wie dieses Spiel gewertet wird, fast nebensächlich. Gerüchten zufolge soll es im April eine Neuansetzung der Begegnung im Karl-Liebknecht-Stadion geben...