Harald Juhnke. Ein Leben im Rausch, ein Ende im Wahn. Er war ein Mann auf der Überholspur, auf den hinter jeder Kurve, die das Schicksal ihm in den Weg stellte, ein fürchterlicher Crash wartete. Jahrzehntelang bewegte sich der große Schauspieler zwischen Triumph und Absturz, Suff, Delirium und Neuanfang. Dafür wurde er geliebt. Dafür haben ihn enge Freunde und Angehörige aber auch gehasst. Er hat einen unendlich bitteren Preis für dieses Leben bezahlt. Er hat mehr gebüßt als die meisten anderen Menschen. Alle Rechnungen sind bezahlt. Was bleibt ist eine Stadt, die ihn verehrt.
1929 wurde er als Sohn eines Polizeibeamten in Wedding geboren. Ein Ur-Berliner also, dem sein Kiez aber schon in der Jugend zu eng wurde. Nach dem Abitur und wenigen Schauspielstunden stand er deshalb also schon mit 19 Jahren in der Rolle eines jungen Offiziers zum ersten Mal auf der Bühne. Es folgte eine atemberaubende Karriere. Zuerst in Berlin, dann in ganz Deutschland. Richtig berühmt wurde Harald in den 70er-Jahren. Seine Rollen in den TV-Serien "Ein verrücktes Paar" und "Ein Mann will nach oben" machten ihn innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling und Fernsehstar.
Als Nachfolger von Peter Frankenfeld moderierte er schließlich im ZDF die Samstagabend-Sendung "Musik ist Trumpf". Es wurde sein endgültiger Durchbruch als großer deutscher Entertainer. Jeder dachte, dass er seinen Erfolg genießt. Aber in ihm sah es ganz anders aus. "Ich habe mich noch nie in meinen Leben wohl gefühlt" – das sagte er 1991, als er noch ganz bei sich und auf der Höhe seines Schaffens war.
Ist er deshalb schon in den 80er-Jahren immer wieder abgestürzt?
Auch beruflich hatte er viele Gesichter, die er mit großer Meisterschaft wechselte. Zwischen seinen Auftritten als Unterhaltungsstar nahm Juhnke immer wieder ernste und sehr anspruchsvolle Rollen an.
1995 zeigte er sein ganzes schauspielerisches Können in der Verfilmung des Hans-Fallada-Romans "Der Trinker". Ein Jahr später inszeniert Katharina Thalbach mit ihm den "Hauptmann von Köpenick".
Wochenlang wurde Harald von Kritik und Publikum als grandioser Künstler gefeiert – und stürzte trotzdem wieder ab. Im Anschluss an die letzte Vorstellung ging er ins Palace-Hotel im Europacenter und trank dort so lange Wodka, bis er im Morgengrauen mit dem Kopf in einen Glastisch knallte.
In den späten 90er-Jahren fand sein Leben fast nur noch zwischen Drehorten und Intensivstationen statt. Das Jahr 2000. Harald gibt ein Interview, das einen im Rückblick frösteln lässt. Es geht um seine Angst vor den Folgen seines Alkoholkonsums. Er sagt: "Du bist verloren, wenn der Kopf nicht mehr mitmacht." Ein Jahr später lässt ihn seine Frau in ein Pflegeheim für geistig verwirrte Menschen in Fredersdorf bringen.
Quelle: Berliner Kurier