Spitzenspiel in Dänemark, Erster gegen Zweiter, der Sieger wäre mit sechs Punkten nach zwei Spielatgen dem Verfolgerfeld um Längen enteilt. Auf nach Midtjylland! Wohin? Selbst der eingefleischteste Freund Dänemarks dürfte unter dieser wilden Aneinanderreihung von Buchstaben keine ihm bekannte Stadt erkennen. Das liegt ganz einfach daran, daß es sich nicht um einen Ort, sondern um den Landstrich Mitteljütland handelt, was den Verein als Fusionsklub neueren Datums entlarvt. Ikast und Herning treten seit wenigen Jahren gemeinsam an, in Herning wurde ein neues Stadion aus dem Boden gestampft. Doch auch Herning dürfte nur den wenigsten ein Begriff sein. Selbst in den detailliertesten Reiseführern werden nur mühsam die Begriffe Textilstadt und Messestadt vermerkt.
Der Weg in die mit 30000 Einwohnern recht kleine Stadt entwickelte sich zu einer langwierigen Leistungsschau der deutschen Camping- und Caravanwirtschaft, die dank der Staus auf den Autobahnen Richtung Norden ihre Produkte in epischer Breite präsentieren konnte. Wer sich hier einzig auf die falsche Anstoßzeit im Kicker-Matchkalender verlassen hätte, hätte den Großteil des Spieles verpaßt.
Das brandneue Stadion in Herning ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man sowohl Fans als auch Bonzen glücklich machen kann. (http://www.stadionwelt.de/Stad…tjylland/Midtjylland.html) Angemessene 12500 überdachte Plätze bieten sowohl den Fußball hinter Glas, der bei den Schönen und Reichen so beliebt zu sein scheint, als auch Stehplätze auf einer kompletten Hintertorseite. Im Gegensatz zu deutschen Neubauten werden auch die Gästefans nicht wie der letzte Dreck in eine Stadionecke verbannt, sondern bekommen eine Hälfte der anderen Hintertortribüne. Eine Anlage wie aus einem Guß, gekrönt von elegant geschwungenen Flutlichtmasten, die als Beweis ihrer Schönheit scheinbar schon am frühen Nachmittag leuchten müssen.
7000 Zuschauern, darunter 400 aus Odense, wird dieses Spiel sicher noch lange Diskussionsstoff liefern. Denn der Führungstreffer des Gastes, der nach 11 Minuten erzielt wurde, fiel auf eine Art und Weise, die man wohl nur einmal in seinem Leben als Fan live im Stadion erlebt. Nachdem der Tormann aus Herning den Ball gefangen hat, will er das Spiel mit einem Abschlag fortsetzen. Doch in dem kurzem Moment, in dem der Ball zwischen Hand und Fuß unterwegs ist, stiebitzt ein Angreifer von Odense das Leder und schiebt es ins leere Tor. Sensationell. Der Torwart gerät natürlich in Rage, da laut dem Regelwerk beim Abschlag nur mit dem Kopf, nicht aber mit dem Fuß dazwischengegangen werden darf. Demzufolge hätte es eigentlich Freistoß wegen gefährlichen Spiels geben müssen. Allerdings hat der Schiri in unser aller Interesse das Fingerspitzengefühl bewiesen, hier nach der tatsächlichen Gefährdung zu urteilen, die schlicht und ergreifend nicht vorlag. Leicht panisch wurde ich bei dem Gedanken, wie leicht man so ein Traumtor verpassen kann. Der Tormann hat den Ball, man schaut kurz in die Kurve oder zur hübschen Dänin drei Reihen weiter unten, und schon ist es passiert.
Nach dem 0:1 wurde die gesamte erste Halbzeit ein regelrechtes Fußballfest. Schneller, technisch hochwertiger Tempofußball mit guten Torchancen auf beiden Seiten ließ keine Langeweile aufkommen. Auch die beiden Fangruppen waren immer wieder zu hören, ohne aber neue Maßstäbe zu setzen. Als Intro schwenkten die Herninger übrigens einige Schwenkfahnen im Innenraum, garniert mit einer Blockfahne und Bändern im Fanblock. Auf Odenser Seite wurde ab und zu ein Bengalo gezündet, was zu einiger Unruhe bei den Ordnern führte.
Die zweite Halbzeit war eher langatmig, bis nach einer Fehlentscheidung des Schiris ein FCM-Spieler an der Eckfahne von einem vollen Bierbecher getroffen wurde. Dies war der Auftakt zur großen Schlußoffensive der Gastgeber, die kurz danach einen Strafstoß zugesprochen bekamen, was die Gästefans nicht nur zu einer Bierbecherkanonade, sondern auch zu einem Bengalowurf in den Strafraum animierte.
Der Gefoulte, Mohamed Zidan, verwandelte selbst. Er hat sich ein Sonderlob verdient, da er seinem Namen alle Ehre machte. Der technisch herausragende, unheimlich schnelle Stürmer aus Ägypten hat in der letzten Saison schon 19 Treffer erzielt und führt nach zwei Spieltagen mit seinen drei Treffern erneut die Torjägerliste an. Mit seinen 22 Jahren wird er schon mit unzähligen europäischen Topklubs (Dortmund, Schalke, PSV, Besiktas, Juve, Monaco...) in Verbindung gebracht.
Kurz vor Schluß fiel tatsächlich noch der Siegtreffer für den FCM, was ein tolles Spiel abrundete und auch die Fans in Ekstase versetzte. Vorm Stadion sorgten nur die Kamele vom Circus Renz für Aufregung, die todesmutig in die abfahrenden Autos sprangen. Vielleicht waren sie nur verbittert, weil ihr Idol Zidan immer noch nicht in die ägyptische Nationalmannschaft berufen wurde und schon damit kokettierte, dann eben für Dänemark antreten zu müssen.
Die Rückreise wurde von einem Erlebnis der dritten Art begleitet. Eigentlich wollte ich nur die restlichen Kronen auf dem letzten Rastplatz vor der Grenze in Benzin investieren, erwischte aber die falsche Ausfahrt. Mich erwartete eine Szenerie, die mich an die bedauernswerten Menschen in der Stephen-King-Verfilmung Rhea M erinnerte, deren Welt von feindlichen, blutrünstigen Lastern übernommen wird. Denn die Ausfahrt führte zu einer unendlich großen Anlage, auf der sich tausende LKW versammelt hatten, aber keine Menschenseele zu sehen war. Alle Zapfsäulen der Tankstellen verhöhnten mich mit der Aufschrift Diesel, nur die schnellstmögliche Flucht aus diesem gruseligen Garten Eden konnte verhindern, daß ich den Rest meines Lebens damit verbringen muß, den Tanksklaven für herrische Laster mimen zu müssen.
Fazit: Sowohl den FCM als auch Zidan sollte man im Auge behalten, die Voraussetzungen für künftige Erfolge sind vorhanden.
Dänemark (31.07.): FC Midtjylland - Odense BK 2:1
-
-
Wer sich im Radsport auskennt , der weiß , daß Bjarne Rijs , früher mal mit Jan Ullrich zusammen beim Team " Telekom" fahrend , aus besagtem Herning kommt ....
Paßt zwar nicht so recht hierher , aber was solls :schlaumeier: