Frank Nienhuysen (SZ 1.6.) berichtet den Sieg der tschetschenischen Mannschaft Terek Grosny im russischen Pokal-Finale:
‘So friedlich kann es sein, wenn Tschetschenen und Russen gegeneinander kämpfen. Als die Männer von Grosny in Moskau stürmten und schossen, ist niemand tot umgefallen, und die wenigen Verletzten klagten allenfalls über Schmerzen am Sprunggelenk oder den Adduktoren. Es wurde ja auch Fußball gespielt diesmal, wenngleich es um sehr viel ging, um sportliches Ansehen natürlich, aber auch um politisches. Ausgerechnet Terek Grosny, der Klub aus dem vom Krieg zerstörten Tschetschenien, hat mit einem 1:0-Sieg gegen Krylja Sowjetow Samara das russische Pokalfinale gewonnen. Andrej Fedkow, der das entscheidende Tor erst in letzter Spielminute schoss, enthüllte im Moskauer Stadion zusammen mit seinen Mannschaftskollegen ein überdimensionales Porträt des schnauzbärtigen Muftis Achmad Kadyrow.
Der bisherige Präsident des Klubs und der kaukasischen Republik nämlich konnte das Endspiel seines Vereins nicht mehr miterleben: Er war zwei Tage vor dem Halbfinal-Sieg auf der Stadiontribüne von Grosny bei einem Bombenanschlag getötet worden. Es sind also schwierige Bedingungen, unter denen sich der Klub aus Grosny im russischen Fußball behaupten muss. Die Republik samt Sportstätten ist durch zwei Kriege zerstört, die Heimspiele muss Terek Grosny aus Sicherheitsgründen außerhalb Tschetscheniens austragen, im südrussischen Pjatigorsk. Das hat immerhin den Vorteil, dass der Verein auch für russische Spieler interessant geworden ist, die inzwischen die Mehrheit des Teams stellen. Denn nach einem Bericht der Moscow Times hat Terek Grosny ein Budget von respektablen drei Millionen Dollar, und das Gehalt wird von der pro-russischen Führung in Tschetschenien angeblich pünktlich überwiesen. Dies alles hat der Verein letztendlich Kremlchef Wladimir Putin zu verdanken. Moskau hatte veranlasst, dass Terek Grosny vor vier Jahren in den russischen Fußball wieder eingegliedert wurde - nachdem der Klub zu Beginn des Krieges 1994 verbannt worden war. Moskau wollte so etwas wie Normalität vorgaukeln - die Kämpfe seien zu Ende, nun könne auch wieder Fußball gespielt werden.’