Bier, Pfeffi und ein wankendes Stahlrohrstadion (Mainz vs. Jena 2:2)

  • Freitag, 22. Februar 2008, morgens gegen 07:00 Uhr – ich bin soeben von der Nachtschicht heim und lege mich ins Bett.
    10:00 Uhr, das hässlichste aller Geräusche beendet meine „Nachtruhe“. Ich mache mir ein paar Bemmen (für die Nordlichter: belegte Brotscheiben), frühstücke eine Kleinigkeit, munitioniere meinen Gefechtsrucksack auf (Bier für die Hin-, Wasser für die Rückfahrt), hole den Japaner aus der Garage und breche ca. 11:05 Uhr auf gen Paradies. Ein Stück A9, ein Stück A4, ein Stück Jenaer Stadtverkehr, gegen 11:30 Uhr bin ich am Stadion. Der Bus steht schon da, die besten Plätze inklusive meines Stammplatzes sind folglich bereits blockiert.
    Da mein Jenenser Kumpel diesmal arbeitstechnisch verhindert war (wie kann denn so was nur passieren?), saß ich diesmal inmitten eines Personenkreises, der mir zwar vertraut war, in dessen Dunstkreis aber auch, ein nicht unbeträchtliches, Gefahrenpotential lauerte. Die Hauptgefahr ging in diesem Fall von 2 Glasbehältern mit einem Hubraum von je 700 cm³ aus, gefüllt mit einer grünen Flüssigkeit, welche im Volksmund Maikäferbenzin oder Pennerzahnbürste genannt wird. Wie sich später herausstellen sollte, verfehlte dies Delirium verheißende Destillat, trotz seiner relativ niedrigen Oktanzahl, seine Wirkung nicht.
    Vor allem während der ersten Halbzeit hatte ich im Stadion nämlich mit eingeschränkten Sichtverhältnissen zu kämpfen aber da gab´s ja, gottseidank, auch noch nicht sooo viel zu sehen. Der Bus war so gegen 17:00 Uhr in relativer Stadionnähe, durfte aber aus polizeitechnischen Gründen nicht näher heran. Also alle Mann raus und in Begleitung der Beamten ca. 1 km Fußmarsch absolviert. Natürlich bemerkt irgendwann immer irgendwer, dass er sein Ticket im Bus vergessen hat. Erstaunlicherweise ausgerechnet jemand aus weiter oben beschriebenem Personenkreis. Der Löwenanteil der Busbesatzung zog unter Obhut der Staatsmacht weiter, während ein kleinerer Teil samt drei Erziehungsberechtigten auf den Ticketimbusvergesser wartete. Durch die so vertrödelte Zeit, kamen wir erst ca. eine halbe Stunde vorm Anpfiff am Stadion an – reicht ja auch.
    So etwa um diese Zeit setzte bei mir die ca. 1-stündige Phase ein, in der ich nicht den klarsten Durchblick hatte. In Zeiträumen derartiger Geisteszustände pflege ich in aller Regel, mir nur die wichtigen Sachen zu „merken“, da selbst dies dann schon mit allerhand Aufwand verbunden ist. Folglich kann ich jetzt hier beim besten Willen nicht auf solche Nebensächlichkeiten wie Einlasskontrollen oder Verpflegungsangebot im Stadion eingehen. Nur soviel: die Wurst, die mir beschafft wurde war scharf und lecker und es gab richtiges Bier, wobei mir das nun gerade in dem Moment nicht wirklich wichtig war, ich hab auch keins genommen. Eines konnte man allerdings in keinster Weise übersehen – das Bruchwegstadion ist eine Blechbüchse. Stahlrohrtribünen, eingehaust mit Wellblech. Einzig die Haupttribüne dürfte ein Massivbau sein. Ich war ´96 oder ´97 schonmal am Bruchweg, da gab es noch Kurven und die Haupttribüne war, glaube ich, auch noch niedriger, als heute. Des weiteren gab es damals eine 3:0-Klatsche und mit einer eben Solchen rechnete ich auch heute. Eigentlich rechnete ich eher sogar mit 4 oder 5 Gegentoren und das wir heute Abend endlich mal wieder wissen würden, warum wir eigentlich das Spiel verloren hätten. Doch es kam anders, und das obwohl es zunächst genau diesen befürchteten Verlauf zu nehmen schien. Wie schon beschrieben, habe ich die erste Hälfte nicht sooo intensiv verfolgt, wie das sonst meine Art ist, was auch maßgeblich an der schaukelnden Stahlrohrkonstruktion lag. Man sollte auf derart wackeligen Bauten nur Sitzplätze installieren!
    Dann war Halbzeit und es stand 1:0 für Mainz. Der Wind hatte nun offensichtlich nachgelassen und die Stahlrohrtribüne stand sofort merklich sicherer. Ungefähr in der 60. Minute schauten alle gebannt nach links, wo ein Mainzer sich gerade anschickte das 2:0 zu erzielen, was der kleine, giftige Holzner aber vorübergehend zu unterbinden wusste. Der Schiri pfiff und wir waren uns auch alle sofort einig, dass er dies zu Recht tat. Junge, Junge, was es in Spielen mit Jenaer Beteiligung so an Elfmetern gibt, ist schon irre. Jetzt lag es an Vasili, aber er hatte keine Chance – 2:0 – vorbei der Traum! Doch wenig später gab es auf der anderen Seite Freistoß für Jena und Simak verwandelte ihn zum Anschluß. Der FCC war bis dahin auch nicht so schlecht gewesen, dass er unbedingt mit 2 Toren Rückstand hätte verlieren müssen. Genau genommen hatten sie eigentlich sogar ganz gut mitgespielt. Dafür wurden sie schließlich auch belohnt, bzw. belohnten sich selbst, als Allagui nach einer Ecke des heute überragenden Simak zum Ausgleich einnickte und den Gästeblock so in Verzückung versetzte.
    Dann folgte noch die unschöne Szene, als Omo bewusstlos liegen gelassen wurde und Mainz in dieser Phase weiterspielte und fast noch das 3:2 markiert hätte. Aber dann war endlich Schluß und ein ganz wichtiger Punkt (für die Moral der Mannschaft) war errungen.
    Es war im zehnten Auswärtsspiel das sechste Unentschieden (1 Sieg, 3 Niederlagen) und davon das fünfte 2:2 ! Wenn man sich das mal vor Augen führt, wie oft diese Truppe auswärts schon 2 Tore oder gar mehr erzielte (in Köln und K´lautern je 3) und trotzdem bisher nur 9 Punkte aus der Fremde mitnahm – mann-o-mann das Glück ist diese Saison aber auch wirklich kein treuer Begleiter des FCC. Aber, außer in Frankfurt (gegen Wehen), habe ich auch keinen einzigen Auftritt gesehen, bei dem kein Wille erkennbar gewesen wäre. Es ist eben wie verflucht, diese Saison.
    Auf der Heimfahrt ging es dann sehr zügig voran, so das wir vielleicht schon um Eins in Jena sein würden … bis Schorba – da war Ritze. Alles stand und auch die Gegenfahrbahn lag tot da. Das hieß, es mußte wohl was Größeres passiert sein. Die Ausfahrt Schorba war in Sicht (vlt. 400m) aber ein einzelner Lkw-Fahrer (wahrscheinlich einer ohne Abitur – die soll´s ja immernoch geben) hielt es für richtig den Standstreifen wo unser Bus mittlerweile fuhr, in seiner Breite zu halbieren. Katrin, unser etatmäßiger Busfahrerdrachen (oder sagt man Drachin?), verließ jetzt fluchend ihren Arbeitsplatz in Richtung des Verkehrsrowdies. Ich denke mal sie hat ihm, in ihrer unnachahmlichen Art, Dresche angeboten, ihm vielleicht sogar das Gesicht zerkratzt. Jedenfalls war ihr abartiges Temperament endlich mal zu Etwas nütze und der Geschändete schaffte sein Vehicel mit letzter Kraft aus dem Wege, ehe er zum Verbandskasten griff.
    Überland ging es dann natürlich nicht so schnell. Es wurde halb 2, ehe wir in Jena waren und um 2, ehe ich zuhause war.
    Schnell ins Bett und bereits 04:50 Uhr erklang wieder dieses hässlichste, aller Geräusche. Aufstehen, frisch machen, zur Frühschicht fahren an meinem eigentlich freien Wochenende. Das ist der hohe Preis, den Cheffe für den freien Pokal-Dienstag forderte.


    Forza FCC !!!



    P.S.: Ganz so schlimm ist Katrin natürlich nicht, aber bisweilen zickt sie ganz schön rum!

    ... ich kann auch nur vermuten, was ich damit sagen will !