Die Corona-Krise bedeutet ja nicht, dass die Fußballfans komplett auf ihren Lieblingssport verzichten müssen. So laufen im Fernsehen die Bundesligaspiele vor leeren Kulissen, was jedoch schon etwas gruselig anmutet. Aber auch der Fanzine- und Buchmarkt bietet aktuell immer wieder Neuheiten, um sich mit der Fußball- und Fankultur auseinanderzusetzen.
Ganz frisch ist zum Beispiel das Buch ‚
Stadionrebellen – Eine Geschichte der italienischen Ultrabewegung‘ erschienen. Das Original stammt von Pierluigi Spagnolo und feierte in Italien einen großen Erfolg. In den vergangenen Monaten setzte sich mit Kai Tippmann ein absoluter Kenner der italienischen Fankultur an eine Übersetzung, die nun endlich fertiggestellt ist. Der Leser bekommt dabei die Möglichkeit, tief in den Fußball vom Stiefel einzutauchen. Dabei ist dieses Werk kein ‚Radaubuch‘, bei dem es ausschließlich um große Schlachten abseits des Rasens geht. Vielmehr ist es dem Autor gelungen, einen tiefen Einblick in die italienische Fanseele zu geben. Er beginnt dabei vor einhundert Jahren mit den Anfängen des Fußballs in seinem Land und geht auf die Suche nach dem Auslöser für die unbändige
Leidenschaft der Tifosi. Spagnolo hat viele Anekdoten, aber auch einmalige Fotos zusammen getragen. Seine Texte reichert er zudem mit vielen Zitaten von Experten und Szenevertretern an.
Dabei nimmt er die Leser natürlich auch mit den zu den Anfängen der Ultrabewegung. Los ging es im November 1968 in Mailand. Damals als die Fossa dei Leoni vom AC Milan am Aufgang 18 des Stadio San Siro ihr erstes selbstgemaltes Banner aufhing. Damals konnte wohl noch niemand ahnen, welchen Stellenwert die Fankultur in der heutigen Zeit einnehmen würde. Wobei durch Repressionen auch hier in den letzten Jahren eher ein Abwärtstrend zu erkennen ist. Spagnolo und Tippmann begleiten in diesem Buch diese Entwicklung, so dass jeder Leser sich selbst ein Bild von Zustand des Fußballs und den Fankurven machen kann. Neutral und objektiv, dies ist die große Stärke dieses Werkes.
Aus dem Vorwort des Buches von Kai Tippmann geschrieben: „Bei den ‚I rebelli degli stadi‘ von Pierluigi Spagnolo hatte ich von Anfang an ein gutes Gefühl. Es taucht nicht ganz tief in die sehr eigenen Aspekte der Geschichte der einzelnen Kurven ein, sondern gibt einen spannenden Einblick in
100 Jahre Fußball und 50 Jahre Ultras in Italien. Dabei richtet es sich eben nicht nur an Ultras – die sind ja sowieso alle einer Meinung –, sondern es ist für alle geschrieben, die sich tatsächlich einmal vorurteilsfrei mit einer Welt beschäftigen wollen, die über die Jahrzehnte zwar zehntausende Menschen begeistert hat, über die aber außer denen niemand etwas Wirkliches weiß. Und auch in Deutschland sind in der Zwischenzeit viele tausend junge Fans in die Kurven geströmt, die auch nur eine schwammige Idee davon hatten, was es denn mit dieser ‚Mentalità‘ nun auf sich hat, ob sich denn Gruppen beim Fahnenverlust auflösen mussten oder wieso Kurven mal rechts, mal links und mal geradeaus gehen.“
Italien ist für viele Fußballfans ein Sehnsuchtsort.
Die Reaktionen auf sein Buch fielen fast durchweg positiv aus und vor allem freute sich Pierluigi Spagnolo in einem Interview mit Erlebnis Fußball über die Reaktionen aus der Szene: „Carmagnola und Bertoglio haben das Buch gelesen und gut gefunden, zwei historische Anführer der Gradinata Nord von Genoa und der Fossa dei Leoni bei Milan. Und es ist für viele 15- bis 16-Jährige eine Art ‚Bibel des Supports‘ geworden.“