Hamburg und St. Pauli: Wie Fußballfans ihre Wetterlöse ihrem Verein spenden
NOFB
Immer mehr Anhänger beider Vereine nutzen ihre Wettgewinne nicht nur zum privaten Vergnügen, sondern spenden einen Teil oder sogar die kompletten Erlöse an Fanprojekte, Jugendabteilungen oder soziale Initiativen ihres Lieblingsclubs. Das Ganze läuft meist ohne großes Tamtam, aber mit umso mehr Überzeugung.
Wetten aus Überzeugung, nicht nur aus Gier
Was früher als bloßes „Zocken“ galt, wird von Teilen der Fanszene heute bewusst anders interpretiert. Viele tippen nicht, um sich persönlich zu bereichern – sondern um ihren Verein oder seine sozialen Projekte zu unterstützen. Wenn zum Beispiel ein HSV-Fan 10 € auf den Sieg seiner Mannschaft setzt und 22 € zurückbekommt, spendet er 12 € davon direkt an die HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“. Bei St. Pauli landen solche Gewinne oft beim Fanladen oder dem antifaschistischen Jugendprojekt „Roter Stern“.
Die Motivation ist dabei vielfältig. Für manche ist es eine Art symbolische Revanche gegen den kommerziellen Fußballbetrieb: „Wenn ich schon mit Fußballwetten Geld mache, dann soll’s wenigstens wieder in echte, sinnvolle Strukturen zurückfließen.“ Für andere ist es schlicht Ehrensache – vor allem, wenn man eh regelmäßig tippt und dabei öfter mal gewinnt.
Organisiert, aber unabhängig
Einige Fanklubs gehen sogar einen Schritt weiter: Sie organisieren untereinander Tippgemeinschaften, bei denen vorab festgelegt wird, dass alle Gewinne gespendet werden. Wer falsch tippt, zahlt ein „Soli“ von 5 €, der ebenfalls in den Spendentopf wandert. Die Auszahlung erfolgt dann am Saisonende – oft öffentlich, manchmal mit symbolischer Übergabe an den Verein.
Diese Gruppen funktionieren bewusst ohne offizielle Anbindung an den Verein, um unabhängig zu bleiben. Gleichzeitig sehen sich viele als „erweiterter Arm“ der Fanszene – mit dem Ziel, jenseits von Mitgliedsbeiträgen und Trikotverkäufen finanzielle Impulse zu setzen.
Kleine Summen, große Wirkung
Natürlich reden wir hier nicht von Millionenbeträgen. Aber in der Summe können sich die Spenden durchaus sehen lassen. Ein Hamburger Tippkreis rund um das Millerntor hat im Jahr 2023 über 7.000 € gesammelt – genug, um einen Bolzplatz im Stadtteil mit neuen Netzen, Bällen und Trainingsmaterialien auszustatten. Auch beim HSV gibt es inzwischen mehrere solcher Gruppen, die kleinere Fanaktionen, Busfahrten oder soziale Maßnahmen mitfinanzieren.
Wichtig dabei: Es geht nicht darum, riesige Beträge zu spenden – sondern um das Prinzip. Zehn Euro hier, zwanzig da – und plötzlich entsteht aus etwas eigentlich Profitorientiertem wieder ein Gemeinschaftsgedanke.
Zwischen Idealismus und Glücksspiel
Klar, die Sache hat auch eine Schattenseite. Denn trotz aller guten Absichten bleibt Wetten eben Wetten – mit Risiko, Suchtgefahr und Verlustpotenzial. Manche Initiativen weisen deshalb aktiv darauf hin, verantwortungsvoll zu spielen. Sie geben Tipps zur Bankroll, empfehlen Limits und distanzieren sich klar von aggressiver Werbung oder dubiosen Anbietern.
Gleichzeitig wächst das Interesse an Wettanbietern, die möglichst faire Bedingungen bieten, ohne Zwangsregistrierung bei OASIS oder Einzahlungslimits. Manche Fans setzen deshalb bewusst auf Anbieter außerhalb Deutschlands – etwa mit Curacao- oder Anjouan-Lizenz. Wichtig ist ihnen vor allem: keine Hürden, keine Kontrolle – und keine Verwertung ihrer Daten.
Zwischen St. Pauli und HSV: Gemeinsame Sache trotz Rivalität
Interessanterweise gibt es auch zwischen den Lagern der beiden Hamburger Clubs stillschweigende Kooperationen. Manche Spendenaktionen werden „vereinsoffen“ durchgeführt – nach dem Motto: Egal ob braun-weiß oder rothosenrot, Hauptsache es hilft. So wurde etwa 2024 ein gemeinsames Benefizspiel zwischen zwei Fanmannschaften organisiert, bei dem alle Einnahmen aus Wetten und Tombola an einen lokalen Jugendklub gingen.Das zeigt: Fußball kann auch verbinden, selbst dort, wo sonst die Kluft am größten scheint. Und wenn es über den Umweg Wetteinsatz läuft, ist das zwar ungewöhnlich – aber effektiv.
Was die Vereine davon halten?
Offiziell halten sich HSV und St. Pauli bei solchen Aktionen meist zurück. Beide Clubs haben Sponsoringverträge mit offiziellen Wettpartnern und müssen sensibel mit dem Thema umgehen. Gleichzeitig dulden sie das Engagement vieler Fans – solange es transparent, gemeinnützig und nicht kommerziell motiviert ist.
Beim FC St. Pauli, wo Glücksspiel generell kritisch gesehen wird, gibt es intern durchaus Diskussionen. Doch solange das Ziel stimmt, drückt man bei Faninitiativen häufig ein Auge zu. Beim HSV ist man etwas offener – schließlich passen Wetten besser ins traditionellere Vereinsumfeld.
Fazit: Zwischen Fanliebe, Einsatzfreude und Eigenverantwortung
Was in Hamburg passiert, ist typisch für die moderne Fankultur: kreativ, solidarisch und mit einem Hang zum Unorthodoxen. Wetten werden nicht nur als Privatvergnügen gesehen, sondern als potenzieller Beitrag für die Gemeinschaft. Und auch wenn der Ansatz sicher nicht für jeden taugt, zeigt er doch: Man kann mit Fußballgeld mehr machen, als es nur in die eigene Tasche zu stecken.
Wer regelmäßig wettet und seinen Verein wirklich liebt, findet hier eine spannende Option, beides zu verbinden – mit klarer Haltung, einem Sinn für Gemeinschaft und einem Augenzwinkern Richtung kommerziellen Profifußball. Und genau das macht diese Bewegung so besonders.