Eine Fahrt nach Plauen sollte die Generalprobe für zukünftige
Bürotage werden, war ich doch wegen eines vereiterten Steißbeins sechs
Wochen krankgeschrieben und hatte in dieser Zeit eher Steher- und
Liegerqualitäten bewiesen. Nun also sitzen…direkt neben meinem lieben
Freund Thoralf im kleinen Bus des kleinen Dribbelkönigs vom kleinen
Fanclub Stehplatz ermäßigt. Nach 50 Zentimetern Fahrstrecke war der
erste Verlust zu vermelden: ein unbekannter Handtelefondealer aus
Babelsberg hatte bei seiner anscheinend ersten Auswärtsfahrt die
glorreiche Idee, Weißbier und ein adäquates Glas mitzunehmen: Tür auf,
Beutel abgestellt, Tür zu, Anfahrt, Glasbruch. Ohne weitere Scherben
ging es noch vor dem Fanbus auf die A9, stand doch ein Besuch eines
Restaurants auf dem Wunschzettel des Fahrers ganz oben. Thüringen ist
bekannt für seine exzellente Küche: Klöße, Rostbrätel, Mutzbraten – das
Wasser lief mir im Mund zusammen, als wir nach Schleiz abbogen und die
knarrende Tür des Lokals „Drei Schwäne“ öffneten. Herzlich Willkommen im
Jahr 1986! Im ersten Augenblick vermutete ich ein Museumslokal, aber
nein, das dort war alles ernst gemeint. Ernst schaute auch der Wirt des
Etablissements, der mit sechs Gästen nicht gerechnet hatte.
Normalerweise würde man sonntags nur mit Vorbestellung servieren, die
Rouladen seien aus, auch Rostbrätel seien nicht mehr da und nur mit
etwas Glück noch Entenbrust. Als drei weitere Babelsberger die Kneipe
betraten, wurde es noch leerer im Gesicht des Kellners und wohl auch im
Kühlschrank der Gaststättenküche – leider seien auch die Salzkartoffeln
aus, einen Salatteller gäbe es auch nicht mehr. Ich entschied mich nach
reiflicher Überlegung gegen das Seelachsfilet mit Mayonnaisensalat
(bitte was???) und für ein Bauernfrühstückchenchenchen. „Acht Schekel
für die Erdknollen“ – verwundert hätte diese Rechnung nicht. Ich wünsche
dem „Drei Schwäne“ das Beste und hoffe, dass die Betreiber in der
Zukunft werben können: „Jetzt neu im Sortiment – Salzkartoffeln“.
Pappsatt ging es über die Landstraße nach Plauen ins mit 1.000
Zuschauern zu einem Sechzehntel gefüllte Vogtlandstadion. Nulldrei besaß
die erste Möglichkeit, Fusters Schuss ging aber direkt in die Arme von
Ebersbach (3.). Auch in der Folgezeit war die Babelsberger die bessere
zweier träge agierender Mannschaften. Schön anzusehen war die erste
halbe Stunde wahrlich nicht. Zimmer schickte Koc und dieser zwang
Ebersbach zu einer Fußabwehr (32.). Der VFC war nur kurz über die bis
dahin beste Chance des Spiels verunsichert, einen schönen Pass von
Schindler nahm Girth mit der Brust an und schloss sehenswert per
Seitfallzieher ab, Feber war chancenlos (38.).
Mit Becker für Mihm ging es in die zweiten 45 Minuten, der MDR-Ticker
schrieb in Minute 52 „Die Gäste kamen bisher zu zwei harmlosen Ecken.“
Tja, wer Wind sät… doch bevor Sturm geerntet werden konnte, musste
Prochnow auf der Linie klären. Doch dann Ecke für Nulldrei, ich
klammerte mich an lepetit, Becker schlug das Leder in den Strafraum und
Hebib köpfte freistehend ein (59.). Und weil’s so schön war, nahm ich
lepetit bei der nächsten Becker-Ecke wieder in den Arm; lieber Trainer,
nix zu danken, dafür sind wir ja da; es klappte wieder, diesmal war es
Prochnow, der Ebersbach übertrumpfte (65.). Plauen war nun die nächsten
Minuten völlig von der Rolle, Nulldrei verwaltete in der Folgezeit
leider nur. Dies wäre eine Viertelstunde vor Abpfiff beinahe schief
gegangen, Sajbidors Schuss aus acht Metern strich am Gehäuse von Feber
vorbei (74.). Dann kam die blöde Nachspielzeit, die Nulldreier bekamen
das Leder nicht aus der Gefahrenzone, der eingewechselte Hager legte zum
eingewechselten Sajbidor ab und der netzte ein (90.). Ausgleich,
Abpfiff, zwei Punkte weg. Vor dem Spiel wäre ich mit einem Punkt
zufrieden gewesen, so war’s natürlich etwas doof. Trotzdem wurde auf dem
Gästeparkplatz zu Vengaboys- Rhythmen gefeiert und ich grüße hiermit
ganz lieb Christiane und Peter, welche unseren Bus noch mit Palmbräu
versorgten, was für ein leckeres Gesöff.
Plauen: Ebersbach;
Landgraf, Grossert, Thönelt, Lietz; Rupf, Schindler (62. Sajbidor);
Knoll (85. Hager), Schubert, Wild; Girth (46. Wagner).
Babelsberg: Feber;
Zimmer, Hebib, Rode (56. Druschky), Mihm (46. Becker); Prochnow,
Sindik; Koc, Moral Fuster (85. von Piechowski), Schwarz; Albrecht.
Tore: 1:0 Girth (38.) 1:1 Hebib (59.) 1:2 Prochnow (65.) 2:2 Sajbidor (90. +1)
Gelb: Zimmer – Girth, Sajbidor
Zuschauer: 1.016
03er: ca 100
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